Neue Herausforderungen für die Bauwirtschaft

Das ist kein Produkt-Placement für für die Anwaltskanzlei Streitbörger & Speckmann in Potsdam. Es gibt jedoch in ihrer Anzeige in der Wirtschaftsbeilage der PNN auf Seite 11 einige  zum Thema passende Aussagen.

  • „Volle Auftragsbücher und ein massiv anwachsender Fachkräftemangel potenzieren sich zu ganz neuen Problemen beim Bauen, nämlich Bauzeit und Bauqualität.“
  • „Immer mehr müssen sich Gerichte mit Folgen des gestörten Bauablaufes, der Bauzeit und der Bauqualität (Mängel) auseinandersetzen.“

Wenn diese Feststellungen in einem regulierten System gemacht werden, wie sieht das dann nach der vom MIL geplanten  „MBO“-Deregulierung aus?

2 Gedanken zu „Neue Herausforderungen für die Bauwirtschaft“

  1. Die Bauordnung regelt in 9 Paragraphen die Verwendung von Bauprodukten und Bauarten.
    Derzeit beschränken sich die Kontrollen zur Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben auf die Tätigkeiten von Prüfing. und Prüfsachverständigen, also die Fachgebiete Standsicherheit, Brandschutz und bei Sonderbauten auf den Wärmeschutz.
    Nach den Überlegungen des Bauministeriums sollen künftig nur bei weniger 20 % der Bauvorhaben Prüfingenieure tätig sein.
    Sind denn diese Regelungen dann überhaupt noch notwendig?

    Der fehlende Durchsetzungswillen führt nicht nur zu Qualitätsverlusten, sondern verschärft den Wettbewerb in der Bauwirtschaft.

    Zertifizierte Bauprodukte sind wegen der umfgangreichen Qualitätskontrollen teurer als „grau“ importierte Erzeugnisse. Unternehmer und Selbstbauer höhlen den Markt aus, wenn sie diese billigeren Baustoffe verwenden. Bei Bieterwettbewerben (z. B. Bauvorhaben der öffentlichen Hand) sind die Verwender von nicht zertifizierten Produkten eindeutig im Vorteil, weil es keine unabhängige Kontrollpflicht gibt.
    Das gilt natürlich auch bei Vorhaben der Immobilenwirtschaft.
    Leidtragend sind die Bauunternehmen, die vorschriftmäßig arbeiten. Sie haben im harten Wettbewerb kaum Chancen.

    Die Damen und Herren in den Amtsstuben argumentieren, daß die Unternehmen zur Selbstkontrolle verpflichtet sind. Jedem wird sollte klar sein, daß der berühmte Bock zum Gärtner gemacht wird.

    Die Kontrolle der Bauprodukte hinsichtlich der Zertifikate ist nicht der einzige Punkt in Hinblick auf die Sicherung des fairen Wettbewerbs in der Bauwirtschaft.
    Nur wenige Bauten werden hinsichtlich des Wärmeschutzes kontrolliert.
    Bereits bei der Ermittlung der Dämmdicken kann ein kleiner Klick an der richtigen Stelle im Berechungsprogramm die Dämmung der Gebäudehülle um 10 % und mehr reduzieren.
    Die fehlende Kontrollsysteme laden geradezu ein, billige Baustoffe geringen Dämmwert einzubauen.
    Hierunter haben nicht nur die Eigentümer von Immobilien zu leiden. Portentiellen Mieter und Erwerber von Immobilien werden mit Energieausweisen geringere Verbrauchsprognosen vorgetäuscht, wenn billigere Dämmung eingebaut wurde.
    Dabei ist die Manipulation im Nachhinein kaum nachweisbar.

    Nach Willen des Bauministeriums sollen die Unternehmen nicht einmal verpflichtet sein, die Lieferschene und Baustoffzertifikate mit der Rechnung zu übergeben.

    Dabei haben wir in Brandenburg ncoh sehr gute Voraussetzungen für die Kontrolle ohne erheblichen Mehraufwand.
    Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gibt es derzeit noch den s.g. Objektplaner, der ein Vorhaben bis zur Fertigstellung begleiten soll. Augenblicklich sind für den Personenkreis Qualifikationsvoraussetzungen vorgeschrieben. Künftig soll wie in anderen Bundesländern fast jeder zur Bauüberwachung befähigt sein.
    Durch den Objektplaner könnte eine fachgerechte Kontrolle der Zertifikate oder des Wärmeschutzes sichergestellt werden. Damit könnte der überwiegende Teil der Vorhaben abgedeckt werden, bei denen keine staatliche Überwachung vorgeschrieben ist.
    Problematisch sind jedoch noch Fertigbauten. Dort sind die Objektplaner mitunter wirtschaftlich so eng mit dem Bauunternehmen verwoben, daß die Unabhängkeit nicht mehr sicher gestellt ist.
    Allerdings gäbe es hier auch einen Lösungsansatz. Der Gesetzgeber kann die Kontrolle durch freie Architekten und Beratende Ingenieure zwingend vorschreiben. Dieser Personenkreis auf Grund berufsrechtlicher Vorschriften zur Unabhängigkeit von Hersteller- und Lieferinteressen verpflichtet.

    Allerdings scheint gerade das Streben des Bauministeriums darin zu bestehen, daß die unseriösen Anbieter von Bauleistungen in ihrem Tun gestärkt werden sollen.

    Klasse?

  2. Ich will jetzt hier nicht tendenziell sein, aber genau das ist doch das Problem. Der Bauleiter muss mit irgend welchen „Fachkräften“ zu einem verhandelten Preis unter Zeitdruck die Hütte „zusammen nageln“. Der Bauherr (Frisör oder Autoverkäufer) kann kaum erkennen, ob ihm dort „Potemkinsche Dörfer“ gebaut werden. Der hat heute (zwangsweise) noch den Objektplaner an der Hand, der ihm für die Fertigstellung ein Dokument unterzeichnet. Der Objektplaner geht mit den hoheitlichen Prüfern in die Haftung für die Qualität des Hauses.

    Nach dem Willen unserer Landesregierung steht der Bauherr (Frisör oder Autoverkäufer) bald allein mit seinem Bauleiter in der Natur. Das stärkt dann die Eigenverantwortung des Bürgers.

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